Oberster »Sterntaler« tritt nach 16 Jahren ab

MAINZ. Wenn Anne Kremser träumt, dann sieht sie auf dem großen Parkplatz um Süden des Uniklinikgeländes einen Neubau stehen. Der verbindet nicht nur oberirdisch die Kinder- mit der Frauenklinik, sondern er beherbergt auch ein eigenes kinderchirurgisches Zentrum, in dem sämtliche Operationen von Kindern stattfinden.

In fünf Jahren könnte dieser Traum Wirklichkeit sein, schätzt Kremser. Sie selbst wird dann nur noch als Beobachterin teilhaben: Nach 16 Jahren als Vorsitzender „Sterntaler“, dem Förderverein der Mainzer Kinderchirurgie, legt die 76-Jährige heute Abend in der Mitgliederversammlung die Verantwortung in andere Hände.

Selbst als junge Mutter in dern 1960er-Jahren drei lange Monate von ihrem kleinen Sohn getrennt, der als Frühchen „hermetisch abgeriegelt“ im Krankenhaus lag, setzte sich Kremser über Jahrzehnte für einen menschlicheren Umgang mit kleinen Krankenhauspatienten und ihren Eltern ein. „Anfangs war das eine sehr mühsame Überzeugungsarbeit nach allen Seiten“, erzählt die dreifache Mutter und mittlerweile zweifache Großmutter. „Auch die Ärzte taten uns als strickende Mütter, die hysterisch geworden sind, ab.“

Mit Sachkenntnis und Engagement begegnete Kremser solchen Anfeindungen – und etablierte sich als geschickte Verhandlungspartnerin inmitten von Medizinern und Politikern. Im Vorstand der „Sterntaler“ engagierte sich Kremser seit der Vereinsgründung im Jahre 1991 – und sammelte seither insgesamt mehr als 500 000 Euro Spenden für Dinge, die den Aufenthalt in der Mainzer Uni-Kinderchirurgie für die kleinen Patienten und ihre Eltern ein bisschen leichter machen – von der Spielecke über Kindermöbel bis hin zur Kaffeemaschine für die Großen. Darüber hinaus sponserte der Förderverein eine Vielzahl medizinischer Geräte – und kaufte Fahrräder, damit Ärzte und Schwestern schneller zwischen den Kliniken pendeln können.

Seit die Kinderchirurgie vor gut einem Jahr vom Gebäude 505 in die Kinderklinik umgezogen ist, hat dieser Pendelverkehr ironischerweise sogar noch zugenommen, berichtet Kremser. Denn weil die Kinderklinik keine Operationssäle hat, finden sämtliche Eingriffe in der Chirurgie oder in der Frauenklinik statt – und dorthin müssen Kranke wie Personal erst einmal gelangen. Die kleinen Patienten in ihren Betten rollen meist durch unterirdische Gänge zum OP – eine Praxis, die laut Kremser den kleinen Patienten große Furcht einflößt und die sie überdies auch unter hygienischen Gesichtspunkten für bedenklich hält.

Das erklärte Ziel, alle operativ zu versorgenden Kinder unter einem Dach versorgt zu wissen, bleibt deshalb weiterhin eines der wichtigsten Themen von „Sterntaler“. Den Weg dahin hat Kremser für ihren nominierten Nachfolger, den bisherigen „Sterntaler“-Beisitzer Lothar Dressel, bereits vorgezeichnet – mit dem Versprechen eines Neubaus für ein kinderchirurgisches Zentrum, das ihr Ministerpräsident Kurt Beck vor 15 Jahren gab.

Quelle: Mainzer Rhein-Zeitung
Autor: Brigitte Specht